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  • AutorenbildKatrin Munzel

ElternSEIN in einer ver-rückten Welt - eine achtsame Atempause

Aktualisiert: 29. Juni 2021

Diesen Text habe ich im vergangenen Jahr geschrieben - damals, als wir mitten im ersten Lockdown waren. In dieser ver-rückten Zeit wollte ich Eltern und Familien einen Moment schenken, um innezuhalten, wieder klarer zu sehen und zur Ruhe zu kommen. Zu dieser Zeit hatten wir nicht gedacht, dass uns die Pandemie so lange in Atem halten und unser Leben verändern wird. Deshalb ist der Text immer noch so aktuell und kann auch im Nachgang der Pandemie eine Inspiration sein für Achtsamkeit in besonders stressauslösenden Situationen.

Unser alltägliches Leben wurde von heute auf morgen einmal komplett auf den Kopf gestellt. Vieles fühlt sich gerade irgendwie ver-rückt an, nicht mehr an seinem Platz - außerhalb dessen, was wir gewohnt sind, was uns im Alltag trägt und unterstützt. Kitas, Kindergärten und Schulen sind oder waren lange geschlossen, die gewohnte Struktur ist weg. Unbeschwert Freunde oder Großeltern treffen, Geburtstage feiern, zur Arbeit gehen und Kollegen treffen - all das ist nicht oder nur sehr eingeschränkt möglich. Und die Tage sind bei vielen durch Homeoffice, Homeschooling, Haushalt und allem, was dazu gehört sehr lang und herausfordernd geworden.

Über uns ist gefühlt eine riesige Welle hereingebrochen, die uns kräftig aus dem Gleichgewicht gebracht hat. Unsere Schultern haben auf einmal so viele zusätzliche Aufgaben, Anforderungen und Erwartungen zu tragen, von denen oft viele gleichzeitig bewältigt werden müssen. Eine Rückkehr in den „normalen“ Alltag ist gefühlt immer noch nicht in Sicht. Auch die Möglichkeiten, um unsere Akkus wieder aufzuladen, Energie zu tanken und Zeit für sich selbst zu haben, sind aktuell eher rar gesät.


"Wie wollen wir als Familie auf diese Zeit blicken?"

Irgendwann habe ich mir dann in dieser Zeit die Frage gestellt: "Wie wollen wir als Familie in einigen Wochen, Monaten oder Jahren auf diese Zeit blicken? Wie soll diese Krise für uns in Erinnerung bleiben?" Und: "Was brauche ich gerade jetzt, um nicht den Kopf zu verlieren, jeden Tag völlig erschöpft und gestresst zu sein, sondern da zu sein, bei mir zu bleiben und damit auch für mich und meine Familie zu sorgen?" Trotz oder gerade wegen all dieser Herausforderungen und Umstände, die wir als Familie zu bewältigen haben. Dabei ist mir das Zitat von Jon Kabat-Zinn in den Sinn gekommen. "Du kannst die Wellen des Lebens nicht aufhalten, aber Du kannst lernen, auf ihnen zu surfen." Ich kann die Welle nicht aufhalten, sie ist da. Aber ich kann lernen, auf ihr zu surfen. Um eine Welle surfen zu können, braucht ein Surfer vor allem Gleichgewicht, Stabilität, Geduld, Mut, Leichtigkeit und auch Freude. Wie also bringe ich wieder mehr davon in unser Familienleben?


Meine Gedanken dazu möchte ich gerne mit Dir teilen. Vielleicht können sie eine Inspiration, ein kleiner Lichtblick sein für all die Familien in dieser ver-rückten Zeit. Starten wir mit einer Atempause, die sich ganz schnell - drei Minuten genügen - in den Alltag integrieren lässt und uns hilft, unsere Gedanken und Gefühle zu beruhigen.


"Du kannst die Wellen des Lebens nicht aufhalten, aber Du kannst lernen, auf ihnen zu surfen." Jon Kabat-Zinn

Achtung Gedanken! Innehalten im Alltag mit einer achtsamen Atempause


Hast Du Dir schon einmal Gedanken über Ihre Gedanken gemacht? Nein? Dann lade ich Dich ein, Dich einmal für ein paar Minuten hinzusetzen und Deine Gedanken zu beobachten. Ganz schön viel los in Deinem Kopf, nicht wahr? Wir denken pro Tag zwischen 60.000 und 70.000 Gedanken, die meisten davon - etwa 90 % - sind jeden Tag die gleichen. Fast unablässig sind wir damit beschäftigt, uns Gedanken über die Zukunft oder über Vergangenes zu machen, zu planen, uns zu sorgen. Die Gedanken wiederum lösen Gefühle aus und daraus resultieren unsere Handlungen. Das läuft fast alles komplett unbewusst ab. Wir werden von Gedanken und Gefühlen gesteuert, die wir oft nicht einmal wahrnehmen. Und je mehr wir im Stress sind, umso schneller springt dieser Autopilot an. Wir reagieren nur noch, anstatt angemessen auf eine Situation zu antworten. Dadurch verpassen wir nicht selten die kleinen Momente des Lebens. Nehmen nicht wahr, wenn wir eigentlich gerade eine Pause bräuchten oder hören unseren Lieben gar nicht richtig zu. Gönne Dir deshalb im Alltag öfter einmal eine Gedankenpause, indem Du Deine Aufmerksamkeit ganz bewusst auf die Gegenwart richtest und entscheide Dich öfter einmal, Deinen Gedanken - und vor allen Dingen denen, die Dir nicht guttun - nicht zu folgen.






Übung: Die achtsame Atempause


Die achtsame Atempause ist eine sehr hilfreiche Übung, um im stressigen Alltag wieder mehr mit Dir in Kontakt zu kommen. Du kannst mehrmals am Tag innehalten, wann auch immer es Dir möglich ist. Mach es Dir einfach bequem, wo Du gerade bist - im Sitzen, im Liegen oder auch im Stehen.


Die Übung besteht aus drei Schritten


1. Im Körper ankommen: Die Füße am Boden spüren oder die Berührung des Körpers mit der Unterlage, wenn Du liegst. Ganz offen und neugierig wahrnehmen, was Du gerade von Moment zu Moment erlebst: Gedanken, Gefühle, Körperempfindungen. Alles, was sich zeigt willkommen heißen und auch die Reaktionen bemerken. Beobachten, wie alles kommt und geht.

2. Die Aufmerksamkeit auf den Atem lenken:

Nun einige sanfte, tiefe und langsame Atemzüge nehmen. Wo im Körper spürst Du den Atem am meisten - an den Nasenflügeln, im Brustkorb oder an der Bauchdecke? Mit der Aufmerksamkeit sanft und ohne Anstrengung beim Atem bleiben und dabei den Atem in seinem ganz natürlichen Rhythmus fließen lassen. Nicht darüber nachdenken, sondern ihn im Körper fühlen: vom Anfang bis zum Ende, ob tief oder flach. Spüren, wie er ganz von alleine ein- und ausströmt, wie jeder Atemzug neu und anders ist. Wenn die Aufmerksamkeit von der Atmung weg wandert, freundlich bemerken, was gerade da ist (z.B. ein Gedanke, Geräusche, Gefühle, Zwicken oder Ziehen) und die Aufmerksamkeit sanft wieder beim Atem sammeln.

3. Ein freundlicher Wunsch für mich:

Die Aufmerksamkeit nach 5-6 Atemzügen auf den ganzen Körper ausweiten. Spüren, wie Du jetzt gerade hier bist und was Du wirklich brauchst. Du kannst Dich auch fragen:„Was ist jetzt ein freundlicher Wunsch für mich?“ oder "Welche Herzensqualität kann mich gerade unterstützen?" Vielleicht: „Ich wünsche mir Ruhe. Ich wünsche mir Gelassenheit. Möge ich mich sicher fühlen. Möge ich mit Leichtigkeit leben.“ Worte finden, die Dich berühren und den Wunsch mehrmals innerlich im Atemrhythmus sprechen. Wenn Du möchtest, kannst Du Dir dabei auch gerne ein Lächeln schenken und diese Freundlichkeit mit in den Alltag nehmen.


Du kannst die Atempause einfach in Deinen Tag einbauen, z.B. am Morgen, bevor Du aufstehst, beim Spazierengehen, beim Duschen oder auch, wenn Du einfach gerade eine Auszeit brauchst. Viel Freude beim Ausprobieren.


Diesen Beitrag habe ich - hier etwas verkürzt - im vergangenen Jahr für die Eltern der Bürgerhilfe Ingolstadt geschrieben, als die Corona-Krise gerade über uns als Familie hereingebrochen war und ich mir überlegt habe, wie ich Kindern, Mamas und Papas in dieser Zeit ein klein wenig Unterstützung an die Hand geben kann.



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